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„Eine Idee, die lebt.“

Erstellt am 02.05.2019

Manfred Tschöpe, Mitbegründer von MODUL, berichtet über die Hintergründe:

Seit wann gibt es Modul und was bedeutet es?
Manfred Tschöpe: 1998 wurde das Konzept von MODUL entwickelt. MODUL steht für Bausteine der Nachhaltigkeit und ist die Abkürzung von Meisterteam organisiert den Umweltschutz langfristig. 1999 ging diese Idee an den Start. Ökologische, soziale und ökonomische Aspekte der Nachhaltigkeit werden seit dem 26.09.2000 in regelmäßigen Tagungen und Workshops 2 x im Jahr für jeweils 2 Tage behandelt. Und dies seit nunmehr 19 Jahren!

Was war die Idee dahinter?
Manfred Tschöpe: Wir wollten von Anfang an den betrieblichen Umweltschutz einerseits und eine ökologische Produktberatung anderseits als langfristiges strategisches Ziel gerade für kleinere und mittlere Handwerksbetriebe entwickeln. Standortsicherung durch die Beantwortung der Frage, was kann ein Handwerksbetrieb tun, wenn er die Bedeutung der Agenda 21 Ernst nimmt.

Auf der berühmten UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro wurde 1992 ein Konzept verabschiedet, der Fahrplan für das 21. Jahrhundert, die sogenannte Agenda 21, welche eine Weiterentwicklung der Menschheit unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Ziele im Rahmen einer globalen Partnerschaft ermöglichen soll.

Bereits damals verwies die Präambel darauf, dass wir als Menschheit an einem entscheidenden Punkt der Geschichte stehen. Zunehmende Ungleichheit, einseitige Expansion im Ressourcenverbrauch und der wirtschaftlichen Orientierung,  unzureichende Befassung mit Umwelt- und Entwicklungsfragen, sowie fehlende integrative Ansätze waren Beweggründe, sich Gedanken über die Leitlinien der Zukunft zu machen.

Für die lokale Umsetzung, die im Meisterteam entwickelt wurde, bedeutete das eine Antwort auf die Frage, wie muss die strategische Ausrichtung gedacht werden, damit ein Handwerksbetrieb langfristig im Markt überleben kann. Nachhaltigkeit in diesem Sinne stellt auch die Fragen nach der lokalen und überregionalen (weltweiten) Einbindung, nach den gesellschaftlichen Wirkungen (Einbindung in die Region, Mitarbeiterschaft). Aspekte des Gesundheitsschutzes und der Produktwirkungen- und Auswirkungen, der Arbeitsplatzsicherung und der wirtschaftlichen Entwicklung waren weitere zu bedenkende Gesichtspunkte.

Gab es Unterstützer?
Manfred Tschöpe: Dank einer für diese Themen offenen Geschäftsführung und Aufsichtsrates und insbesondere der Impulse durch den Gründungsgesellschafter des Meisterteams, Klaus Günther, gab es grünes Licht, sich dazu ein lenkungsfähiges Konzept auszudenken. In der Anfangsphase wurde durch ihn eine Unterstützung durch Future e.V. und deren damalige Geschäftsführerin von Future Nord, Annette Alpers, professionell untermauert.

 

Um die Idee, Handwerk und Nachhaltigkeit zielführend umzusetzen, zu konkretisieren, wurde ein mehrjähriges Förderprojekt mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) entwickelt. Klaus Günther als einer der ersten Preisträger der DBU (Deutscher Umweltpreis 1995) war dabei sicherlich aus deren Sicht ein Garant für eine gelingende Umsetzung. Denn Handwerksbetriebe in dieser Dimension zu unterstützen, war damals eher noch ungewöhnlich. Sein Ansatz, vor allem der Erfahrungsaustausch unter Unternehmen spiele eine zentrale Rolle, wurde ein wesentlicher Baustein der MODUL-Gruppe.

Gab es dabei Schwerpunkte?
Manfred Tschöpe: Alle sich in der MODUL-Gruppe organisierenden Betriebe kommen aus den Gewerken Tischlerei/Schreinerei und Zimmerei, sind also Holzverarbeiter. Daher war es naheliegend, sich in der Beschaffung mit dem Thema Holz zu beschäftigen. So entwickelten wir die in Deutschland erste Gruppenzertifizierung am Ende der Verarbeitungskette für das Holzsiegel FSC®.

Daneben wurde die gezielte Analyse der unterschiedlichen Perspektiven sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Wirkungen im Betrieb ein weiterer Schwerpunkt.

Dazu wurde in Zusammenarbeit mit Future e.V. der meines Wissens Erste und einzige Nachhaltigkeits-Check für Tischlereien in Deutschland entwickelt und durchgeführt. Und schließlich bildete die Zusammenarbeit mit Experten zu den verschiedenen Fragestellungen eine dritte Säule der Modularbeit.

Dazu wurde z.B. mit drei norddeutschen Handwerksammern (Hamburg, Münster und Hannover) 2001 ein Qualifizierungsmodul zur energetischen Bewertung von Gebäudesanierungen entwickelt (Initialberater) und 2004 mit der BWE (Bauen, Wohnen, Energie) in Syke um das Thema Baubiologie erweitert. Mit einem weiteren Dienstleister im kaufmännischen Bereich der BWA-Chefplaner auf Handwerksbetriebe konkretisiert, mit dem Theologen und Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, Dr. Leo Maier, ein Innovations-Workshop durchgeführt. 

Die Arbeit mit Jugendlichen von der Waldpflanzung bis zur Einführung in die Produktion von Holzprodukten über mehrere Jahre war ein weiterer Schwerpunkt der Modularbeit. Ebenso das Berichten über Nachhaltigkeit in Tischlereien an Holzfachschulen in Berlin und Bad Wildungen.

Und heute?
Manfred Tschöpe: Heute prägen die Doppelzertifizierung FSC® und PEFC™, die beiden großen Zertifizierungen im Holzbereich, sowie Impulse aus aktuellen Feldern der Umweltpolitik, wie Biodiversität, CSR und Bionik das Themenspektrum.

Nachhaltigkeit vor 20 Jahren bis heute – ein Selbstläufer?
Manfred Tschöpe: Leider nein - eher im Gegenteil. Die Betriebe mussten und müssen sich immer wieder damit auseinandersetzen, dass Ökologie und Ökonomie als Gegensatzpaar erlebt werden. Das betrifft sowohl die Reaktionen im Markt, wie auch im Betrieb, z.B. zum Kunden, der Kundenerwartung und den Mitarbeitern.

Am Beispiel der Holzzertifizierung wird dies überdeutlich. Selbst kommunale Auftraggeber finden zwar die Zertifizierung gut. Aber wenn es ums Geld geht, werden die Regeln, die eine Durchgängigkeit der Kette fordern, vom Wald bis zum letzten, der das Holz bearbeitet, hier also unser Tischler, gerne außer Kraft gesetzt bzw. nicht beachtet.

Das bedeutet?
Manfred Tschöpe: Es bedeutet, dass der zertifizierte Betrieb, der sich den Regeln unterwirft, der Zeit und Geld in die Einhaltung der Bestimmungen und Verfahren investiert, so z.B. für das Erstellen und Leben eines aufwändigen Handbuches, der regelmäßigen Dokumentationspflichten, der jährlichen Überprüfungen und der zahlreichen Checks seiner Vorlieferanten, dass dieser Betrieb diesen Aufwand nicht vergütet bekommt. Während ein Konkurrent ohne diesen Aufwand einfach mit dem Zertifikat des Vorlieferanten arbeitet.

Dass die Kette damit unterbrochen ist, somit eine Rückverfolgbarkeit nicht mehr gegeben ist, dass trotz EU-Bestimmungen wir weiterhin eine der großen Drehschreiben für illegales Holz aus aller Welt sind, all das wird dadurch nicht unterbunden und macht es denjenigen, die Nachhaltigkeit Ernst nehmen schwer, diese im Betrieb langfristig zu etablieren.

Was macht die Stärke der Modulgruppe aus?
Manfred Tschöpe: Eine Stärke ist unser langer Atem. Ohne den bewussten Willen, selbst einen Teil zur Besserung beizutragen, ohne den pragmatischen Ansatz, etwas Konkretes zu tun und nicht nur darüber zu reden, gäbe es uns heute nicht mehr.

Viele Aktivitäten, die von MODULern kamen und kommen, haben aus den jahrelangen Impulsen in Form von Diskussionen, von Erfahrungsaustausch, einer breiten Themenpalette, ihren Ursprung.

So berichtet ein Unternehmer, dass sein in einem Hotel umgesetztes Konzept, bei dem Möbel aufgearbeitet wurden statt neu gebaut, ohne die MODUL-Arbeit nicht gereift wäre. Die Beratungskompetenz für Umweltfragen ist gestiegen und breit in den Themenfeldern. Damit wirkt die MODUL-Arbeit nicht nur innerbetrieblich, sondern auch in die Kundschaft hinein.

Eine weitere Stärke ist die Mischung aus internationalen Siegeln und die Arbeit an Nachhaltigkeitsthemen, für die es keine Siegel gibt, die uns aber wichtig sind.

Dazu haben wir uns eigene Leitlinien der Nachhaltigkeit gegeben. Wir können also belegen, wir beherrschen internationale Siegelverpflichtungen ebenso, wie wir uns um eine Themenbreite der Nachhaltigkeit kümmern. Dies ist sicherlich so in Deutschland nicht wieder zu finden. Damit dürfte jedem Außenstehenden klar werden, wir betreiben kein Greenwashing, sondern meinen es Ernst mit der Nachhaltigkeit. Diesen Beweis führen wir seit annähernd 20 Jahren.

Eine Idee, die lebt und der wir, ganz im Sinne der Agenda 21, eine noch große Zukunft wünschen sollten. Und dass dieses Konzept beim 8. Tages des Ideen- und Innovationsmanagement im Rahmen der Hannover Messe mit dem ersten Platz gewürdigt wurde, gibt uns den Ansporn, weiter diesen Weg zu beschreiten.

Herr Tschöpe, vielen Dank für das Interview.

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